Geschichte der Familie Peper in Ellingstedt

 

von Hans-Wilhelm Nielsen

Nach mündlichen und schriftlichen Überlieferungen, die jedoch durch Dokumente nicht durchgehend belegt sind, betrieb die Familie Peper im Hochmittelalter (bis ins 16. Jahrhundert hinein) einen Meierhof in Ellingstedt (Lage: Ecke Osterende/Söhl). Bei den Meierhöfen handelte es sich um ein Lehen des Dänischen Königs. Während des Dreißigjährigen Krieges verschwanden die Meierhöfe aus vielerlei Gründen, wie z.B. Bevölkerungsschwund.

 

„Z.Z. des Herzogs Friedrich des Dritten 1648 war hier noch ein fürstlicher Meierhof. Es stand damals z.Z. der schriftlichen Quelle aus dem Jahre 1820 noch ein sehr langes ehemaliges Stallgebäude. Das dazugehörige herrschaftliche Wohnhaus soll gestanden haben, wo jetzt (also um 1850) der Halbhufner Heinrich Peper wohnt.“ (Topographie Schröder/Petersen in: Homepage Ellingstedt-damals, Bevölkerungsentwicklung)

 

Durch Dokumente belegt ist eine Klage von Johann Peper (geb. 1762) gegen den Dänischen König wegen der Anrechnung seiner Grundstücke auf Rümland im Rahmen der Verkoppelung (ca. 1781). Sie endete mit einem für ihn positiven Vergleich.

 

„Nach längeren Streitigkeiten und einem Gutachten, das man an die Königlich Schleswig-Holsteinische Landkommission gab, kam es dann doch am 17. Juni 1781 zu einem Vergleich. Es erklärten sich die beiden Halbhufner Hinrich Peper und Claus Clausen bereit, ihre sämtlichen Rümländer Wiesen folglich auch Bondelschem (Flurbezeichnung) mit zur pflugzähligen Verteilung zu geben. Jedoch mit der Bedingung, dass ihnen beiden eine bonierte Tonne (ca. 6700 qm) Wiesenland vorausgelassen werden müsste. Dieses Anerbieten wurde dann auch von sämtlichen Hufnern angenommen, in der Akte festgehalten und unterschrieben. „(Landesarchiv Abt.25 Nr. 98)

 

Damit war die von Peper und Clausen geführte Klage dann aufgehoben.

Aus dieser Geschichte wird deutlich, dass die Hufner einige Wiesen zur Heugewinnung bereits aufgeteilt und in Besitz genommen hatten, oder aber auf ganz bestimmte Wiesen Nutzungsrechte besaßen. Anders als bei den Weiden, wo alles in Gemeinschaft betrieben wurde, und jeder Hufner eine ihm zugeteilte Viehquote beweiden durfte. Wiesen zur Heugewinnung waren zur damaligen Zeit, als der Heuhandel blühte, die begehrtesten Ländereien

 

Die Ortsteile Bockhöft, Busholm, Ellingstedt Nord, Schlott und Schellund sind erst während und nach der Verkoppelung entstanden, denn mit der Aufteilung der Ländereien wurden die Flächen im Außenbereich zu Eigentumsflächen und dadurch auch hier Ansiedlung möglich. Die Ständerbauten der Bauernkaten ließen sich leicht abbauen und an anderer Stelle wieder aufbauen. So geschah es auch mit dem Hof auf Busholm.  1875 wurde ein Teilgebäude in Ellingstedt, Westerende 13 abgebaut und hier aufgebaut.

 

 

Vergleicht man die alten Flurkarten mit denen aus neuerer Zeit, stellt man fest, dass es im Laufe der Jahre wohl zu Grenzbegradigungen mit den Nachbargemeinden gekommen ist.

 

Insgesamt kann man also davon ausgehen, dass die Familie Peper vermögend war, hatte aber auch im weiteren Verlauf durch riskante Entscheidungen finanzielle Niederlagen hinzunehmen. Zum Beispiel:

 

1813: Kauf des ehemaligen Sitzes des Hardesvogtes im Zentrum von Ellingstedt (jetzt Werner Koberg) durch Johann Peper. 1814 Konkurs. (Hof Hagge/Koberg_Landesarchiv)

Die Nichte meines Großvaters Hans Heinrich Peper hat aus Erzählungen ihrer Mutter im Rahmen einer Biografie über ihre Mutter (Emma Meyburg, geb. Peper) einiges aus der Familiengeschichte zusammengetragen (s. Das Leben meiner Mutter, Hilde Apel, Kiel 2000). Für das Stammbuch relevante Fakten - Hans-H. Peper betreffend - habe ich hier zusammengefasst:

 

 H.-Hinrich Peper geb.  1817 in Bockhöft erscheint bei der Umschreibung des Erdbuches in das Grundbuch als Halbhufner. Er galt als sehr vermögend: Er besaß 100 ha landwirtschaftliche Fläche und war außerdem Höfe-Makler, daher der Reichtum. Entgegen der Höfeordnung, nach der immer der älteste Sohn den Hof erbte, vererbte er seinen 4 Söhnen je 25 ha Land mit der Auflage, dass sie eine Frau heiraten sollten, die das Geld für die notwendigen Gebäude mitbrachte. Die angeheiratete Maria Cath.  Martensen (geb. 1857) hatte das Geld. Sie war mit bereits 9 Jahren Vollwaise geworden, da ihre Eltern beide an Typhus starben. Von der Erbschaft wurden das Wohnhaus und die Ställe gebaut, heute Kolonistenweg 24 (damals: Holbeek).  1879 heiratete dann Hans Peper (geb.1848) Maria Martensen. Aus der Ehe gingen 9 Kinder hervor. Einer von Ihnen war mein Großvater Hans Heinrich Peper geb. 1886. Die Schulzeit war anstrengend, da der Weg zur einklassigen Schule in Ellingstedt weit und – besonders im Winter - schlecht war. Zur damaligen Zeit war der Name Peper in der Schule weit verbreitet. („Als… alle Schüler mit dem Namen Peper aufstehen sollten, standen fast die Hälfte der Schüler auf“. (Ebenda)

 

Da durch das Grundstück ein Bach floss, hieß der Hof Holbeek (hohler Bach).  Hilde Apel beschreibt Hans Peper als gütigen Vater, der die Kinder (zumindest die Töchter) nie geschlagen hat. Die Mutter scheint eine musikalische Ader gehabt zu haben, da sie Kinderlieder „komponiert und gedichtet“ hat.  Besonderer Höhepunkt war wohl die Heirat von Emma mit dem Offizier Friedrich Meiburg vom 85igsten Infanterieregiment Kiel. Diese für damaligen Zeiten bedeutende Heirat wurde auf Holbeek gefeiert und erregte auch über die Dorfgrenzen hinweg große Beachtung.

 

Nach dem Unglück in der Familie des Bruders von Maria Peper, Thomas Martensen (Tod im Kindbett und Suizid des 11-jährigen Sohnes) wurde mein Großvater Hans Heinrich Peper dazu auserwählt, den Hof zu übernehmen.

 

Wenn man die Beschreibungen Hilda Apels über das harmonische Leben auf dem Hof „Holbeek“ und die Güte der Eltern liest und innerlich aufnimmt, ist der spätere Verlauf der Beziehungen meiner Urgroßeltern zu meinem Großvater und insbesondere zu meiner Großmutter nicht zu verstehen.

 

 

 

Entstehung und Entwicklung des Hofes Busholm 1,

24870 Ellingstedt

 

In der Militärkarte von 1850 sind keine Gehöfte oder Häuser in Busholm zu sehen, eine Straße ist nicht eingezeichnet. Erst mit der Verkoppelung Ende des 18. Jahrhunderts und der Düngung des sauren Moorbodens mit Mergel und der Möglichkeit einer intensiveren landwirtschaftlichen Bewirtschaftung des Bodens entstehen hier ab Mitte des 19. Jahrhunderts erste Aussiedlungsgehöfte (neben Martensen später Peper/Nielsen, auch die Familie Thomsen und Maack)

 

Im Rahmen dieser Aussiedlungen wurde der Hof Busholm aus dem Gehöft Westerende 13, Ellingstedt, 1875 ausgesiedelt.  Vermutlich war der neue Besitzer Thomas Martensen, Sohn des Besitzers des ursprünglichen Hofes am Westerende. Aufgrund der damals fehlenden Hoferbenordnung war es üblich, dass die Höfe so aufgeteilt wurden.  Thomas Martensen war der Bruder meiner Uroma Catharina Peper (geb. Martensen).  Bis ins 18. Jahrhundert treten in der Chronik der Familie Martensen nur die Vornamen Thomas auf.

 

Das Baumaterial, insbesondere die damals wertvollen Ziegel zur Gründung des Hofes wurde zu einem großen Teil vom Ursprungshof Westerende 13 abgebaut und auf Pferdewagen nach Busholm 1 verbracht. Mit diesen Ziegeln wurde das Wohnhaus mit Stall wieder aufgebaut. Wie auf einem alten Foto ersichtlich, wurde jedoch ein Teil des Stallgebäudes komplett mit Granitsteinen gemauert. Von diesen behauenen Granitsteinen sind nach dem Abriss dieses Stallgebäudes 1959 noch viele im Garten und in Pflasterungen zu sehen.

 

Die Ursache für die Hofübergabe hatte einen tragischen Hintergrund. Nachdem die Ehefrau von Thomas Martensen im Kindbett verstarb, heiratete er wieder. Meine Großeltern berichteten über dauerhafte Konflikte des Sohnes mit der Stiefmutter, die scheinbar   zum psychischen Zusammenbruch des 11jährigen Sohnes führten, der sich daraufhin auf den Boden des Hofes erhängte. Da das Ehepaar Martensen keine weiteren Kinder hatte, wurde der Neffe und mein Großvater Hans H. Peper mit 14 Jahren im Jahre 1900 als Hoferbe auf den Hof geholt.

 

1913 heiratete Hans Peper Katharina Clausen aus Wittbekfeld (damals eine kleine Weltreise). Zu diesem Zeitpunkt war zumindest das Ehepaar Martensen nicht mehr auf dem Hof.  Meine Großmutter kam also mit 20 Jahren auf den Hof und hatte sogleich heftige Auseinandersetzungen mit der Familie meines Großvaters. Sehr konfliktreich verliefen die Beziehungen zwischen Katharina und ihren Schwiegereltern, die auf dem benachbarten Hof am Kolonistenweg 24 (damals Holbeek)) wohnten. Diese Konflikte übertrugen sich auch auf die Ehe meiner Großeltern, da mein Großvater hinter dem Rücken meiner Großmutter Teile des Hausstandes und Vermögensteile noch bis in die 20er Jahren an seine Eltern verschenkte. Besonders deutlich wurde dies meiner Großmutter, als sie die letzte Rate eines Kredites bei dem Geldverleiher Wilhelm Mauderer Bockhöft zurückzahlte. Dabei machte der Geldverleiher meine Großmutter darauf aufmerksam, dass noch Forderungen aus einer Bürgschaft für ihre Schwiegereltern bestünden, die ihr Mann unterzeichnet hatte. Dies muss in der sehr schweren Zeit für die Landwirtschaft um 1925 gewesen sein. Diese Auseinandersetzungen meiner Großmutter mit den Schwiegereltern führten zu wirtschaftlich sehr bedrohlichen Situationen, die erst Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts abnahmen. Die Beziehungen zwischen meinen Großeltern müssen sich im Laufe dieser Zeit weiter verändert haben: Katharina übernahm die Führung, insbesondere die wirtschaftliche; Hans arbeitete und zog sich aus den Geschäften ganz zurück.

 

Kurz nach der Hochzeit zog Hans H. Peper 1914 in den ersten Weltkrieg. Katharina bewirtschaftete den Hof zunächst alleine, dann mit Hilfe von Kriegsgefangenen. 1914 wurde meine Mutter Elli Peper geboren, 1916 mein Onkel Wilhelm Peper.

 

Da mein Onkel als Hofnachfolger 1944 in Russland fiel, wurde meine Mutter Hofnachfolgerin. Sie heiratete 1948 meinen Vater Rudolf Nielsen, der viel in der Welt herumgekommen war, von 1934 bis 1944 Soldat, dann Kriegsgefangenschaft bis 1948. Danach bewirtschaftete er dann zusammen mit meinem Großvater den Hof. Die landwirtschaftliche Fläche vergrößerte sich zum großen Teil durch Zukauf auf 18 ha. Zusätzliche Investitionen verursachten einen permanent hohen Schuldenstand, der zeitweise die Grenzen zur Insolvenz berührte. Der Hof wurde 1979 komplett aufgegeben, nachdem bereits Ende der 60er Jahre die Chancen für staatliche Zuschüsse, sogenannte Abschlachtprämien, für die Kühe genutzt wurden, um die Milchwirtschaft aufzugeben.

 

Die Entscheidung für die Aufgabe des Hofes wurde bereits Mitte der 60er Jahre vorbereitet. Angesichts des kleinen Hofes von 18 ha und den zu erwartenden Strukturreformen in der Landwirtschaft hin zu größeren Betriebseinheiten, hatte mein Vater in weiser Voraussicht bereits frühzeitig darauf gedrängt, mich einen anderen Beruf erlernen zu lassen.

 

Nach mehreren beruflichen Stationen, u.a. in Goslar, wo ich meine jetzige Frau kennenlernte, kehrte ich mit meiner Frau 1983 nach Busholm zurück, nachdem wir den Hof zu Wohnzwecken umgebaut hatten.

 

Bei Renovierungsarbeiten auf dem Hof entdeckten wir im Kerngebäude außergewöhnlich große Ziegelsteine.  Vermutlich stammen diese Ziegelsteine ursprünglich von der Waldemarsmauer. Hintergrund: Die Waldemarsmauer diente bis ins 19. Jahrhundert hinein als idealer und günstiger Baustofflieferant.

 

Juli 2024                                                                      Hans-Wilhelm Nielsen