Die Entwässerung der Moore
Ein Beitrag von Hans-Wilhelm Nielsen.
Ausgangslage
Die Entwässerung landwirtschaftlicher Flächen gibt es schon seit Jahrhunderten – und das ist eine sehr lange Zeit. Sie hat tatsächlich dazu beigetragen, das Land zu formen, das wir heute sehen, Land, das sowohl für die Landwirtschaft als auch für den Naturschutz genutzt wird, und die Landschaften, die uns täglich umgeben.
Entwässerungsmaßnahmen waren gegen Ende des 19. Jahrhunderts besonders verbreitet. Zwischen 1840 und 1890 wurden schätzungsweise 12 Millionen Morgen Land entwässert – das sind eine Menge Land und somit eine Menge Entwässerungsgräben.
Einige der frühen landwirtschaftlichen Entwässerungssysteme waren sehr groß angelegt und verursachten dramatische Folgen – man denke nur an die Fens in England vor und nach dem 17. Jahrhundert – sie sahen sicherlich anders aus, als wir sie heute kennen. Andere kleinere landwirtschaftliche Entwässerungssysteme betrafen nur einzelne Felder oder Grundstücke. Entwässerungssysteme, die von Landwirten angelegt wurden, hatten das Ziel, Land für die Weidehaltung von Nutztieren oder den Anbau landwirtschaftlicher Nutzpflanzen besser nutzbar zu machen.
Das Ausheben der Entwässerungsgräben war damals eine Mammutaufgabe: Sie wurde größtenteils von Hand oder mit äußerst rudimentären landwirtschaftlichen Werkzeugen bewältigt. Heutige Drainagesysteme werden mit Hilfe von Drainagepflügen, Drainagefräsen und Baggern ohne wesentliche körperliche Arbeit durchgeführt
Es lässt sich nicht leugnen, dass der intelligente Einsatz landwirtschaftlicher Entwässerungsgräben den Landwirten geholfen hat, intensivere und modernere Anbaumethoden einzuführen. Die Einführung landwirtschaftlicher Entwässerungsgräben hatte auch einen weiteren wichtigen Einfluss auf die Landschaft, der sich auf viele verschiedene Lebensräume und Arten auswirkte. Die Entwässerung landwirtschaftlicher Flächen zur Steigerung der Betriebsproduktivität hat dazu beigetragen, das Leben und die Lebensräume eines Großteils der Wildtiere des Landes zu verändern.
Die Kehrseite der Entwässerung der Moore wurde erst im Rahmen der Untersuchungen zum Klimawandel sichtbar: Moore haben große Mengen von CO2 gebunden, die durch die Entwässerung und Moorabbau freigesetzt wurden und damit zum Klimawandel beigetragen haben. Diese Erkenntnisse führen nunmehr zur Förderung von Maßnahmen zur Wiedervernässung von Mooren.
…am Beispiel von Hans Peper
Bis zur Verkoppelung (ca. 1780) waren die Moore in Ellingstedt bis auf kleine Parzellen zur Torfgewinnung Allgemeineigentum. Im Norden, um Seshornmoor herum, handelt es sich um ein Versumpfungsmoor, das nur eine geringe Torfschicht hatte und der Abbau von Torf nicht besonders interessant war. Zahlreiche Moorkuhlen waren sicherlich vorhanden, jedoch auf den damaligen Karten mit Ausnahmen von großflächigen Teichen nicht eingezeichnet. So sind auf einer Karte von 1939 (die wahrscheinlich auf eine ältere Karte aus dem 19. Jahrhundert
beruhte) nur große Teiche über ca. 100 qm eingezeichnet. Wahrscheinlich überwiegend Teiche, in denen Mergel abgebaut wurde.
Die Trockenlegung der Moore erfolgte im Wesentlichen nach der Verkoppelung durch großflächige Entwässerung und im Weiteren durch engmaschige Drainage. Hierbei wurden in mit der Hand geschaufelten Gräben Tonrohre verlegt. Mit einem Abstand von 10 bis 20 m wurden Gräben in einer Tiefe von mindestens 50 cm gegraben. Bei hügeligem Gelände oft sehr viel tiefer, um ein Gefälle zu garantieren. Für einen ha mussten also Gräben in einer Gesamtlänge von 500 – 1000 m gegraben werden; zusätzlich tiefere Gräben für die Rohre, die das Wasser von den Drainagerohren auffingen und an die Vorfluter weiterleiteten. Diese Arbeit, nur mit Schaufel und Spaten, musste neben der sonstigen harten landwirtschaftlichen Arbeit geleistet werden. Wenn die Gräben geschaufelt waren, wurden die Rohre mit einem speziellen Werkzeug verlegt. Hierbei wurde für die Fixierung der Rohre eine runde Kerbe in den Boden geschrubbt. Mit der Spitze der anderen Seite des Gerätes wurden die Rohre verlegt.
Hacke zur Verlegung von Drainagerohre
Rundung im Graben schaffen
Verlegen der Rohre mit der Spitze der Hacke im Graben
Als Zeitzeuge habe ich noch erlebt wie mein Großvater Hans Peper in den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts neben der körperlich anstrengenden landwirtschaftlichen Arbeit insgesamt wohl 6-9 ha drainiert; also etliche km Gräben geschaufelt und entsprechend Rohre verlegt hat. Nach einiger Zeit waren erste Rohre verstopft. Sichtbar wurde dies durch punktuelle Versumpfung der Oberfläche. Dann musste das verstopfte Rohr gesucht, ausgegraben und neu wieder eingesetzt werden. Nach 20 – 30 Jahren war jedoch oft das ganze Drainagenetz marode, sodaß eine neue Drainage verlegt werden musste. Es ist also durchaus möglich, dass mein Großvater mehrmals denselben Acker drainiert hat.
Eine weitere Herausforderung war die Füllung der Moorkuhlen (nicht zu verwechseln mit den Mergelkuhlen, die wegen des Mergelabbaus sehr viel tiefer waren), damit nicht nur die Teichflächen nutzbar gemacht wurden, sondern auch um die Gesamtflächen landwirtschaftlich mit entsprechenden Geräten bewirtschaftet werden konnten. Auf der Karte 1830 ist ein ca. 300 qm großer Teich direkt am Wohnsitz von Hans Peper gelegen (jetzige Holzkoppel Busholm 1).
Die vielen Moorkuhlen sind jedoch nie kartiert worden. Wir können noch heute nach der Füllung der Teiche vor ca. 150 Jahren die Teiche an den Senken auf den Koppeln erahnen. Nach Überlieferungen von meiner Großmutter hat mein Großvater Hans Peper alle Teiche auf Ihrem 12 ha Land gefüllt und landwirtschaftlich genutzt. Auch der oben erwähnte Teich auf der Holzkoppel.
Diese Arbeit wurde per Hand und mit Hilfe von Pferdefuhrwagen geleistet. Nicht erschließt sich mir, woher die benötigten Erdmassen kamen. (Vielleicht Abraum beim „Mergeln?)
Die Füllung des oben beschriebenen Teiches auf unsere Holzkoppel hatte noch ein Nachspiel: Der Teich befand sich, da bei der Verkoppelung nicht berücksichtigt, auf Gemeindeland. Direkt nach dem Tod von Hans Peper trat die Gemeinde an den Nachfolger Rudolf Nielsen mit dem Angebot heran, diese Koppel zu erwerben. Da bekanntlich Hans-Peper das Grundstück durch Befüllung des Teiches erst urbar gemacht hatte, wurde dies Ansinnen nicht verstanden und mein Vater lehnte jegliche Verhandlungen darüber ab. Das Grundstück wurde an einen anderen Anlieger verkauft. Erst in den 80iger Jahren des 20igsten Jahrhunderts konnte ich das Grundstück von diesem Anlieger zurückkaufen.
Ellingstedt im Juli 2024